Spessarter Chronik

Um das Jahr 1100 verließen einige mutige Männer ihre Heimatgemeinde Ettlingen und fällten an der Stelle unseres heutigen Dorfes die ersten Eichen, aus denen sie ihre Gehöfte bauten. Von jeher benutzten die Spessarter den dichten Eichenwald, um ihre Schweine darin weiden zu lassen. Daher rührt wahrscheinlich auch der Spitzname “Eber” für die Spessarter, wobei es auch noch andere Deutungen gibt. Sie nannten die erste Siedlung, die von Eichen- und Buchenwald umgeben war, in dem man häufig das Hämmern der Grün- und Buntspechte hören konnte, ganz einfach Spechteßhard = Spechtwald. Der Name ändert sich noch des öfteren, bis zu unserem heutigen Spessart.

Politisch gesehen gehörte die Gegend, in der die ersten Spessarter den Wald lichteten, zum fränkischen Ufgau, der von der Oos bis zur Alb reichte. Grundherren des Spechtwaldes waren die Grafen von Eberstein. Landesherr war der jeweilige Markgraf von Baden. Im Laufe von 100 Jahren wuchs die Siedlung im Spechtwald zu einem ansehnlichen Dorf heran. Markgraf Friedrich II gab im Jahre 1292 dem Kloster Herrenalb 2 Mühlen bei Fürstenzell mit dem Bannrecht über verschiedene Orte, darunter auch Spessart mit allen Rechten, Nutzen und Freiheiten. In dieser Schenkungsurkunde ist Spessart = Spehshart geschrieben.

Im 12. und 13. Jahrhundert hatten verschiedene Adelsgeschlechter in unserer Gegend Güter erworben. So in Spessart die Herren von Remchingen und Öwisheim. Bekannter wurden drei andere Geschlechter in der Geschichte Spessarts: die Herren von Rüppurr, von Upstadt und von Rosswag. Diese Geschlechter teilten sich im 13. Jahrhundert den Besitz von Spessart. Das Dorf war inzwischen größer geworden und besaß eine eigene Vogtei. Die eine Hälfte des Dorfes war in den Händen der Herren von Ubstadt, und von diesen hatten es die Herren von Rosswag zu Lehen. Dazu besaß das Kloster Hirsau einen Hof zu Spessart, der später noch immer das Hirsaugut genannt wurde. Das blieb so bis zum Jahre 1294. Dieses Jahr war für die Geschichte Spessarts von entscheidender Bedeutung. Die genannten Herren verkauften ihren Besitz an das Kloster Frauenalb. So wurde Spessart Klosterdorf bis zur Säkularisierung im Jahre 1803. Volle 500 Jahre war es eines der Klosterdörfer, die zum Klostergebiet oder Klosteramt mit allen Gütern, Leuten, Rechten und Zubehörden gehörten. Die Frau Äbtissin war somit rechtmäßige Herrin des Dorfes und Spessart stand unter dem Krummstab. Das Klosterwappen ist noch heute an der Zehntscheune (Hauptstraße 42) zu sehen.

In früheren Jahren gab es nur wenige militärische Ereignisse in Spessart. Den Bauernkrieg (1525) mit seiner sinnlosen Zerstörung bekam man zu spüren, denn er machte auch vor der Klosterpforte nicht halt. Schlimmer war es im 30-jährigen Krieg (1618-1648) und in den Raubkriegen des Franzosenkönigs Ludwig XIV. Die Kriege des 17. + 18. Jahrhunderts brachten Not und Armut in unsere Heimat. Es folgte der Spanische und Polnische Erbfolgekrieg. Spuren davon sind bis heute die Ettlinger Linie (Schanzen im oberen Wald). Alle diese Kriege haben in unserer Heimat verheerend gewirkt. Dazu kamen noch die religiösen Wirren der Reformation und Nachreformationszeit. Die Einwohnerzahl sank beträchtlich.

Die Äbtissin machte Spessart im Jahre 1802 mit einer eigenen Pfarrei noch ein großes Geschenk. 1803 wurde Spessart badisch. So ist aus dem Weyer im Spechtswald unser heutiges Spessart geworden. Im September 1966 konnte das 700jährige Bestehen der politischen Gemeinde feierlich begangen werden. 1972 stimmten die Spessarter für eine Eingemeindung nach Ettlingen. Seither ist Spessart einer der sechs Stadtteile der großen Kreisstadt Ettlingen.

Spessart hat sich im Laufe der Zeit zum Industriearbeiterdorf entwickelt. Ein starker Wirtschaftswandel macht sich bemerkbar. Viele Pendler fahren auch heute noch täglich in die Stadt. Daneben ist unser Spessart ein beliebtes Naherholungsgebiet geworden. Bei einer Fahrt durchs Dorf fallen insbesondere die abwechslungsreichen und gepflegten Vorgärten sowie die blumengeschmückten Häuser auf. Hierfür hat Spessart auch sehr erfolgreich am Bundes- und Landeswettbewerb “Unser Dorf soll schöner werden” teilgenommen, so daß es wohl zu den schönsten Dörfern Baden-Württembergs zählt. Die vielen Spazier- und Wanderwege im nahegelegenen Wald werden von den Besuchern gerne genutzt.

Das heutige Ortsbild hat sich wesentlich verändert. Neue Baugebiete wurden erschlossen, zuletzt das “Höhgewann/Tannenfeld”, so daß Spessart heute auf über 3000 Einwohner angewachsen ist. Zum Vergleich: 1971 waren es 1700 Einwohner.

Inzwischen verfügt unser Ort über zwei Kindergärten und eine Grundschule. Desweiteren hat die Gemeinde eine moderne Kirche, wobei das heutige Rathaus im ersten Spessarter Kirchlein untergebracht ist. Hinter der Schule wurde für Veranstaltungen ein Festplatz angelegt. Dahinter soll ein Gewerbegebiet entstehen. Für das rege Vereinsleben steht ein Vereinsheim zur Verfügung, außerdem hat sich der Turn- und Sportverein Spessart am Waldrand eine ansehnliche Sportanlage geschaffen.

In Spessart wird gerne gefeiert. Daher ist jedes Fest gut besucht, wobei sich alle Vereine bemühen, ein anspruchsvolles Programm zu bieten. Am besten ist die Bereitschaft zwischen den Vereinen und auch der Spessarter Bevölkerung beim Spessarter Nachtumzug ersichtlich, der im Jahre 1997 den Rekord von über 20.000 Besuchern erreichte.